Appenzeller Bauernmalerei
Appenzeller Bauernmalerei, ein Kunsthandwerk mit Tradition. Jeder kennt sie, die farbenfrohen Tafelbilder mit urchigen Sujets.
Wie hat sich die Appenzeller Malerei entwickelt, wer pflegt diese Kunst heute?
In Appenzell Innerrhoden und Appenzell Ausserrhoden sowie im Toggenburg hat die Bauernmalerei eine lange Tradition. Noch heute stösst sie auf grosses Interesse. Typisch für diese Volkskunst sind die Tafelbilder mit ihrer Bildsprache und den ländlich idyllischen Szenen.
Älteste Spuren der Bauernmalerei gehen bis ins 16. Jahrhundert zurück. Räume und Möbel wurden mit Ornamenten aus Pflanzen und Tierwelt, später mit figürlichen Mustern verziert. In der Zeit, als das Baumwollgewerbe immer stärker gefragt war, brachte dies der Bevölkerung zusätzliche Einnahmen. So konnten auch bemalte Möbel angeschafft werden. Man vermutet, dass einheimische und fremde Maler verschiedene Einflüsse, z.B. der österreichischen und süddeutschen Dekorations- und Kirchenmalerei, eingebracht haben. Aber auch heimatliche, naturnahe Motive aus der unmittelbaren Umgebung wurden umgesetzt, feststellbar beim Gontner Maler Conrad Starck (1765–1830). Er war wohl der erste Maler der einen Alpaufzug auf einen Schrank malte. Oft wird er als Begründer der Appenzeller Bauernmalerei betrachtet.
Man vermutet, dass Möbelmaler in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Sennenmotive verwendeten und so die Senntumsmalerei gestalteten.
Anfangs einfache Darstellungen der Alpfahrten wurden zunehmend detaillierter. Alpfahrten mit den schönsten Tieren wurden durch Alphütten, Bäume und manchmal Landschaften erweitert. Nebst Fahreimerbödeli, die sich immer grösserer Beliebtheit erfreuten, wurden auch Sennenstreifen geschaffen. Die langen schmalen auf Papier oder Holz gemalten Alpfahrten stellten oft den ganzen Besitz des Bauern dar. In dieser Zeit dürften auch die Sennenporträts, die an den Aussenseiten der Gaden angebracht wurden, entstanden sein.
Um die Jahrhundertmitte beschritt Bartolomäus Lämmler (1809–1865) mit dem Tafelbild einen neuen Weg. Zwar blieb die Alpfahrt das zentrale Element, wurden aber durch die Umgebung und den bäuerlichen Alltag ergänzt. Die Bauernmalerei fand sich vermehrt als Schmuckstück in den Bauernhäusern wieder und zwar im herkömmlichen Sinn als Kunst für die Bauern. Diese waren gleichzeitig die Auftraggeber.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebte die Tafelmalerei mit den Sennenmotiven eine eigentliche Blütezeit. Johannes Zülle (1841–1938) und Johann Baptist Zeller (1877–1959) setzten diese Tradition fort. Dank der Ausstellung „Schweizer Volkskunst“ 1941 in Basel machten weite Kreise Bekanntschaft mit der Bauernmalerei.
In der Nachkriegszeit beschäftigte sich eine neue Generation mit der Bauernmalerei. Vorher gingen Bauernmaler normalerweise einem Haupt- oder Nebenberuf nach, doch seit einigen Jahrzehnten gibt es mehr und mehr Maler, die sich hauptberuflich dieser Volkskunst widmen. Dabei sind nicht mehr die Bauern die Hauptabnehmer, sondern Liebhaber und Sammler.
Kann man heute noch von Bauernmalerei sprechen? Der allgemein verwendete Begriff ist ungenau und wird der heutigen Lage nicht mehr gerecht. Einer der wichtigsten Vertreter ist Albert Manser. Er hat die Bauernmalerei stets weiterentwickelt und seine detailreichen Bilder im weiten Ausland bekannt gemacht.
Marc Trachsler